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Der Schleier
Vom Privileg der Adeligen Oberschicht |
![]() Die eher romantische Vorstellung Schleier tragender Frauen im Beduinencamp |
Der Schleier gehört zu den charakteristischsten und seit rund 100 Jahren am meisten umstrittenen Bestandteilen der traditionellen
arabischen Kleidung. Frauen und Mädchen tragen ihn nach der Geschlechtsreife, bei den Tuareg auch die Männer. Zu unterscheiden
sind der Gesichts-, der Kopf- und der Ganzkörperschleier. Am meisten verbreitet ist der Halb- oder Mundschleier
(Litham oder Milfa) welcher lediglich die untere Gesichtshälfte verbirgt.
Der Schleier taucht erstmals um 200 vor Christus in Assyrien auf, wo er den Damen der Oberschicht vorbehalten war. Die unerlaubte Verwendung, etwa von Sklavinnen, wurde bestraft. Vor rund 2000 Jahren drang der Schleier auf die Arabische Halbinsel vor und war dort ebenfalls ein Kleidungsstück der Aristokratie. Noch zu Mohammeds Zeiten war es nicht üblich, dass Frauen sich verhüllen. |
![]() In Afghanistan tragen Frauen die traditionelle Burka |
Entgegen den Behauptungen konservativer Moslems und westlich-polemischen Betrachtungen über den Islam finden sich im Koran keine konkreten Hinweise auf eine Pflicht zur Verschleierung. Zwei Textstellen sind entscheidend.
In Sure 24, Vers 31 heißt es:
Diese Worte kann man sicherlich auch als Pflicht zur Verschleierung deuten aber konkret kommt dies nicht zum Ausdruck. Eher geht hieraus hervor, dass Frauen ihre typisch weiblichen Geschlechtsmerkmale (Brüste, Po und Scham) vor Fremden verbergen sollen was bis vor kurzem (1960er Jahre) ja auch in der westlichen Welt durchaus Gültigkeit hatte..
Sure 33, Vers 59 lautet:
Obligatorisch wurde die Verschleierung im Kalifat erst im 9. Jahrhundert unter dem wachsenden persischen Einfluss, mit dem auch ein immer rigoroserer Ausschluss der Frau aus dem öffentlichen Leben einherging. Ihren Höhepunkt erreichte diese Entwicklung während des Osmanischen Reiches. Obwohl die Verschleierung der Frau von den islamischen Gelehrten als ein religiöses Gebot dargestellt wurde, war sie in Wirklichkeit eher ein Instrument der Kontrolle. Bis ins Spätmittelalter hinein blieb der Schleier Ausdruck eines hohen sozialen Prestiges und wurde in den Städten der arabisch-islamischen Welt auch von Jüdinnen und Christinnen getragen. In ländlichen Gebieten setzte sich der Schleier erst in den vergangenen 100 Jahren durch. Parallel zur kolonialen Unterwerfung des Orients im 19. Jahrhundert und dem wachsenden Einfluss europäischer Ideen und Werte setzte eine heftige und bis in die Gegenwart fortdauernde Kontroverse über den Schleier ein. Reformer und Frauenrechtlerinnen wandten sich öffentlich gegen die Verschleierung, die sie als Symbol der Rückständigkeit und einer mit dem Toleranzgebot des Islams nicht zu vereinbarenden Unterdrückung der Frau sahen und sehen. |
![]() Landfrauen in Ägypten in Ihrer traditionellen Kleidung |
Für konservative islamische Kräfte, aber auch für weltoffene Intellektuelle wie die marokkanische Soziologin Fatima Mernissi
ist der Schleier dagegen ein Ausdruck von Bescheidenheit und ein Merkmal arabischer Selbstfindung im Kampf gegen
westlich-kulturelle Überfremdung.
Mit Religion oder Religiosität aber hat das Tragen dieses Kleidungsstückes nur entfernt zu tun auch wenn mancher dies so darstellen möchte, abgesehen davon, dass in vielen Religionen wie etwa dem jüdischen Glauben und auch in vielen Christlichen Gemeinschaften nur mit einer Kopfbedeckung vor Gott getreten werden darf was aber für Alle geschlechter gleichermassen gilt. Harald Gärtner © März 2006 nach einem Bericht von Michael Lüders der Frankfurter Rundschau vom 23.01. 2006 |
![]() Frauen im modernen Kairo |
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